Runder Tisch in HAK/HAS Ybbs
| HAK-HAS |
Aus dem Gebiet des SI Melk Colomania nahmen vier Schülerinnen teil, eine davon aus der HAK/HAS Ybbs. Weitere zwei Schülerinnen setzen sich im Rahmen ihrer
Diplomarbeit mit Gewalt an Frauen auseinander. Nun fand ein hochkarätig besetzter Runder Tisch statt.
Im Rahmen dieses schulischen Engagements gegen Gewalt an Frauen fand ein »Runder Tisch« an der HAK/HAS Ybbs statt. Anlass war die bemerkenswerte Teilnahme einer Schülerin am diesjährigen Redewettbewerb, bei dem sie das Thema »Frauen und Finanzen« aufgriff. Ihre eindrucksvolle Rede sorgte bei der Jury für große Aufmerksamkeit und zeigte, wie präsent dieses Thema auch im Alltag junger Menschen ist.
Zwei weitere Schülerinnen widmen sich diesem Themenfeld auch im Rahmen ihrer Diplomarbeit. Ziel ihrer Arbeit ist es, aufzuzeigen, wie finanzielle Abhängigkeit Gewalt begünstigen kann und welche Wege es gibt, Frauen zu stärken und zu unterstützen. Mit fundierter Recherche und Gesprächen mit Expertinnen wollen sie Lösungen und Präventionsmöglichkeiten erarbeiten.
Beim Runden Tisch kamen Vertreterinnen aus Schule und Politik sowie die Beauftragte für Orange the World von Soroptimist International Austria zusammen, um über aktuelle Herausforderungen, Präventionsarbeit sowie Unterstützungssysteme für Betroffene zu sprechen.
Am Podium diskutierten:
- Andrea Rockenbauer, Beauftragte Orange the World Si Austria
- Silke Dammerer, Abgeordnete zum NÖ Landtag
- Ulrike Schachner, Bürgermeisterin Stadtgemeinde Ybbs
- Gerlinde Weinstabl, Schulleiterin Schulzentrum Ybbs
- Ingrid Lebersorger, Präsidentin SI Colomania
- Ulrike Koller, Opferanwältin
- Jana Lebhard, Teilnehmerin des Redewettbewerbs und Schülerin der HAK Ybbs
Gerade in Schulen ist es wichtig, ein Umfeld zu schaffen, in dem man sich sicher fühlt. Neben Schulseelsorge ist es auch wichtig, dass die Schüler*innen wissen, dass sie sich mit ihren
Problemen an die Lehrer*innen wenden können. Dafür muss Vertrauen geschaffen werden.
Viel früher setzen die Soroptimistinnen an. Sie fördern gezielt den Spracherwerb und weisen darauf hin, dass Gewalt auch durch Worte ausgeübt werden kann. Ständiges klein machen anderer, hemmt das Selbstwertgefühl der Betroffenen und kann so den Weg für weitere Gewalt ebnen. Die Melker Soroptimistinnen sind aktuell mit Gewaltpräventionsworkshops in einigen polytechnischen Schulen im Bezirk Melk vertreten.
Auch die Politik setzt sich mit unterschiedlichen Maßnahmen zur Vermeidung von Gewalt ein. In Ybbs beispielsweise kann unkompliziert mit Streetworker*innen in der Burg gesprochen werden. Dass hier eine Frau an der Spitze steht, ist ebenfalls keine Selbstverständlichkeit. Nur 12 % der Bürgermeisterämter in Österreich sind von Frauen besetzt. Ein Thema, das sich zwar nicht eins zu eins auf die Wirtschaft übertragen lässt, allerdings gibt es auch hier Nachholbedarf. Zwar hat die Quotenregelung einiges verbessert, dennoch ist Anteil von Frauen in vielen Führungsebenen zu gering. Sind Führungspositionen ausgeschrieben, bewerben sich Frauen tendenziell weniger – auch weil sie eine Absage erwarten. Darüberhinaus verhandeln sie weniger oft ihr Gehalt.
Ist es schon zu einer Gewalttat gekommen und eine Anzeige erfolgt, haben Frauen das Recht auf Vertretung. Dass angezeigt wird, ist nicht selbstverständlich. Wird einem Menschen Gewalt angetan, empfindet er oder sie oft Scham. Dabei hilft jede Anzeige und jede Verurteilung auch in Richtung Täter. Jede Gewalttat, die verhandelt wird und zu einer Verurteilung kommt, ist ein starkes Zeichen an andere Gefährder und Täter, dass sie Unrecht tun und dafür bestraft werden.
Eröffnung einer orangen Bank
Nach der Veranstaltung wurde die Straßenseite zu IT HTL Ybbs gewechselt, wo eine orange Bank feierlich eröffnet wurde. »Zwischen 25.11. und 10.12. findet jedes Jahr die Bewusstseinskampagne Orange the World gegen Gewalt statt. Tatsächlich findet Gewalt aber 365 Tage im Jahr statt. Unsere orangen Bänke weisen ganzjährig darauf hin und stellen niederschwellig Notrufnummern zur Verfügung«, erklärt Ingrid Lebersorger, Präsidentin von SI Melk Colomania.
Die Veranstaltung machte deutlich, wie wichtig es ist, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen und jungen Menschen Raum zu geben, sich mit sensiblen Themen auseinanderzusetzen, Haltung zu zeigen und Veränderungen anzustoßen. Mit diesem Engagement setzt die Schule ein klares Signal für Aufklärung, Prävention und Solidarität – und beweist, dass Jugend eine starke und wichtige Stimme hat.
Zitate
Gerlinde Weinstabl:
»Unter Angst kann man nicht lernen, darum ist es wichtig, ein Angebot zu setzen; dass man sich Hilfe holen kann und man sich sicher sein kann, dass auch geholfen wird.«
Andrea Rockenbauer:
»Uns Soroptimistinnen geht es um die Initialzündung. Wir fangen bei den ganz Kleinen mit Sprachförderung an, weil es wichtig ist, nicht nur eine Sprache zu verstehen, sondern auch zu verstehen wie wir respektvoll miteinander kommunizieren.«
»Frauen bewerben sich oft nicht um ein Stelle, weil sie erwarten, dass sie die Anstellung nicht bekommen. Sich nicht zu bewerben gibt Unternehmen aber die Chance nicht einmal begründen zu müssen, warum sie Frauen nicht anstellen.«
Silke Dammerer:
»Ich bin zum Thema Frauen und Wirtschaft gerade in ganz Niederösterreich unterwegs. Pensionssplitting, partnerschaftliche Aufteilung der Kinderbetreuungs- und Haushaltspflichten und finanzielle Unabhängigkeit sind Grundsteine für ein selbstbestimmtes Leben.«
Ulrike Schachner:
»Wir haben Streetworker in Ybbs. Jeden Mittwoch sind sie in der Burg. Und wir haben Plätze geschaffen, in denen man sich unbeobachtet Hilfe holen kann.«
Ulrike Koller:
»Es ist so wichtig eine Verurteilung zu erlangen, damit andere Täter abgeschreckt werden, weil sie sehen, dass sie dafür bestraft werden.«
Jana Lebhard:
»Zuhören ist wichtig. Keine Witze auf Kosten anderer machen.»
Die Zeit zwischen dem 25. November und dem 10. Dezember steht jedes Jahr im Zeichen der Bewusstseinskampagne ORANGE THE WORLD. Generell setzt man auf Prävention und Niederschwelligkeit. In diesem Jahr liegt der Fokus auf »Gemeinsame Worte«. Denn eine respektvolle und wertschätzende Kommunikation ist ein Schlüssel zur Vermeidung von Gewalt. Gewalt hat viele Facetten. Sie kann psychisch, physisch, anonym im Netz oder sexualisiert ausgeübt werden. Besonders betroffen sind Frauen und Mädchen, generell leiden in Gewaltbeziehungen neben den Partnerinnen deren Kinder. Studien belegen, dass 80 % aller Gewalttaten von Männern verübt werden, jede dritte Frau zwischen 18 und 74 Jahren im Laufe ihres Lebens Opfer von Gewalt ist. Erschreckende Zahlen, die sich in der Statistik widerspiegeln.
Eine wichtige Grundlage für erfolgreich geführte Verfahren gegen Gewalttaten ist die Sicherung von Beweisen. Unterstützung aus dem direkten Umfeld is dafür wichtig. Denn die Opfer selbst erleben Zeit und Ort aus Selbstschutz verzerrt. Durch die genaue Dokumentation von Verletzungen erwartet man sich eine höhere Beweiskraft bei Gewaltverbrechen. Vergessen werden dabei manchmal K.O.-Tropfen. Sie sollen oftmals Gewalttaten begünstigen, indem sie Menschen reaktionsunfähig machen. Sie sind nur einige Stunden im Körper nachweisbar, die Beweissicherung über Blut- oder Urinproben muss also rasch erfolgen.
Es ist schon viel geschehen, aber es braucht noch immer Aufklärung, die Zusammenarbeit unterschiedlichster Institutionen und Beratungsstellen damit Gewalt vermieden werden kann. Die Schulen im Bezirk leisten hierbei mit ihren Angeboten einen wesentlichen Beitrag. Vor allem aber braucht es den Mut der Opfer, sich Hilfe zu holen und die Zivilcourage jedes einzelnen Hilfe anzubieten!
Wenn Sie selbst Opfer von Gewalt geworden sind oder Gewalt bemerken, melden Sie sich bitte bei einer der angeführten Notrufnummern und Beratungsstellen:
- FRAUENNOTRUF 0171719
- FRAUENHELPLINE 0800222555
- MÄNNERNOTRUF 0800246247
- MÄNNERINFO 0720704400
- OPFERNOTRUF 0800112112
- POLIZEINOTRUF 133
- RETTUNG 144
- ÄRZTENOTDIENST 141
- RAT AUF DRAHT 147
- EURONOTRUF 112
- Überblick über alle Hilfsangebote: sozialinfo.gv.at

